Abenteuerlust – Die Jagd nach dem Adrenalin
Warum sind Menschen auf der Suche nach Abenteuern? Und was ist eigentlich so anziehend an aufregenden und spannenden Erlebnissen auf Reisen? Was steckt dahinter?
Abenteuerlust. Der Alltag fühlt sich gerade monoton und eintönig an. Der nächste Urlaub scheint noch in weiter Ferne zu sein. Wo sind die Abenteuer? Wo bleibt unsere Abenteuerlust? Das Coronavirus hat uns einen Strich durch die Rechnung gezogen. Gerade in Zeiten der Isolation (zum Blogartikel: “Soziale Isolation in Zeiten von Corona”) scheint die Sehnsucht nach der Ferne (zum Blogartikel: “Fernweh. Die Sehnsucht nach der Ferne.”) und der Abwechslung sehr groß zu sein. In jedem von uns steckt – mehr oder weniger – der Fluchtimpuls (zum Blogartikel: “Fluchtimpuls in Zeiten von Corona”). Wir wollen endlich raus, wir wollen uns frei fühlen!
Doch hinter dieser Fassade versteckt sich weit mehr, als der Anschein annehmen lässt.
Wer kennt sie nicht? Wir haben Menschen in unserem Bekannten- oder Freundeskreis, die es lieben, wenn sie „etwas zu erleben“ haben. Das sind Menschen, die gerne über ihre Grenzen hinausgehen und sich in das eine oder andere Risiko begeben. Von Draufgängern ist die Rede. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes auf der Suche nach dem Kick – dem Kick nach Adrenalin. Ein Leben in vollen Zügen ist das, was sie brauchen. Das Adrenalin ist für sie ein Lebensgefühl.
Das Adrenalin als Lebensgefühl
Sind Abenteuer für jedermann? Dem gegenüber stehen die Risikoaversen, denen Adrenalin eher ein Fremdwort zu sein scheint. Diese Menschen brauchen nicht die tägliche Dosis Adrenalin, um sich wohlzufühlen. Nichts wird dem Zufall überlassen. „Lieber Entspannung, als Spannung“ könnte das Motto eines eher weniger risikofreudigen Charakters sein. Doch warum brauchen manche Menschen die tägliche Dosis Adrenalin?
Abenteuerlust? Was steckt dahinter?
Sensation Seeking. Für diese Frage gibt es in der Psychologie einen Begriff – und zwar – Sensation Seeking. Sensation Seeking (dt. „Sensationssuche“) ist ein mehrdimensionales Persönlichkeitskonstrukt, das auf die Arbeiten des Psychologen von Marvin Zuckermann zurückgeht. Es wird angenommen, dass jeder Mensch ein optimales Erregungssniveau hat. Im Zustand der Deprivation, also in der Abwesenheit von stimulierenden Reizen, tendiert der Mensch auf Basis seiner Persönlichkeit mehr oder weniger nach solchen Reizen zu suchen. Menschen, bei denen diese Verhaltenstendenz stark ausgeprägt ist, suchen also ständig neue Reize, um ein hohes Maß an Stimulation aufrechtzuerhalten.
Schauen wir und das Persönlichkeitskonstrukt von Marvin Zuckermann näher an. Zuckermann unterscheidet vier Arten von Sensation Seeking. Man kann sowohl nur eine Art als auch mehrere gleichzeitig aufweisen. In uns allen steckt also mehr oder weniger ein Sensation-Seeker.
1. Thrill und Adventure Seeking: Menschen, die nach Abenteuer suchen, stimulieren sich, indem sie gefährliche Aktivitäten in die Tat umsetzen. Dies erfolgt beispielsweise in Form von Glücksspielen oder Extremsportarten.
2. Experience Seeking: Diese Menschen sind auf der Suche nach neuen Lebenserfahrungen. Dazu gehört das Kennenlernen von neuen Menschen und Kulturen durch Reisen, das Lernen von Sprachen oder aber auch das Ausprobieren von neuen Drogen.
3. Disinhibition Seeking: Aus dem Austausch mit anderen holt sich der Mensch seine Adrenalinkicks. Die Stimulation ist sozialer Art. So stehen soziale Stimuli im Fokus.
4. Boredom Susceptibility: Boredom Susceptibiliy beschreibt die Anfälligkeit für Langeweile. Menschen haben eine Abneigung gegenüber Routine und Langeweile und eine Neigung für Unruhe, sofern durch die Umwelt keine Stimulation mehr erfolgt.
Unabhängig davon, welche Art von Sensation Seeking vorliegen mag, haben sie doch eine Sache gemeinsam: das Bedürfnis nach abwechslungsreichen und komplexen Eindrücken sowie die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Gerade in diesen außergewöhnlichen Tagen der Isolation und Distanz kann das Bedürfnis nach Abwechslung, Stimulation oder schlichtweg nach Abenteuer groß sein. Wer sehnt sich nicht nach einer Auszeit von dem Stress, den die Pandemie verursacht hat? Wer sehnt sich nicht nach Abenteuer? Wer sehnt sich nicht nach einem neuen Lebensgefühl und neuen Adrenalinkicks?
Kurzum, irgendwie wollen wir doch alle aus diesem Alltag ausbrechen und uns auf ein neues Abenteuer begeben. Immerhin befinden wir uns seit Monaten in einem „deprivierten“ Zustand.
Von Abendteuerlust bis hin zur Persönlichkeitsentwicklung
Abenteuer und Persönlichkeitsentwicklung. Insbesondere das Erleben von Abenteuern stellt für uns einen Mehrwert dar. Wir müssen nämlich Abenteuer erleben, um herauszufinden, wer wir wirklich sind. Der eine oder andere Adrenalinkick kann uns also nicht schaden. Manchmal ist es durchweg sinnvoll, seine Komfortzone zu verlassen und über seinen Schatten zu springen. Das Abenteuer stimuliert uns und fördert unsere Persönlichkeitsentwicklung.
Was folgt nun daraus?
- Verlasse also hin und wieder die Komfortzone und erlebe ein Abenteuer, denn
- man wächst über sich selbst hinaus,
- man fördert ein Selbstvertrauen,
- man gewinnt an Zuversicht und geht mit neuen Herausforderungen leichter um,
- man lernt sich besser kennen und
- man erweitert seinen Horizont und wird mutiger.
Willst du wissen, wie das Reisen uns und unsere Persönlichkeitsentwicklung beeinflussen kann?
Dann schaue auch hier mal vorbei: Blogartikel: „Wie beeinflusst uns Reisen?“ oder informiere dich über meinen Schwerpunkt – „Reisepsychologie“.
Wieso also kein Bungee-Jumping oder Wildwasser-Rafting für den nächsten Urlaub planen? Oder wie wäre es mit einer Fernreise weit weg von Zuhause? Oder mit einer Wildnis-Übernachtung? In allen Fällen stoßen wir zwar an unsere Grenzen und sind zahlreichen Adrenalinkicks ausgesetzt, aber gerade diese Erfahrungen tragen dazu bei, dass wir uns ein Stück weit besser kennenlernen. Sei es nun das Bungee-Jumping oder die Übernachtung in der Wildnis, all diese Abenteuer prägen uns und geben uns den Pep, den wir in unserem sonst so routinierten Alltag nicht finden könnten.
Aktuell scheint die Lage jedoch schwierig zu sein. Das Coronavirus hat uns einen Strich durch die Rechnung gezogen. Heißt das nun, das wir keine Abenteuer erleben können? Nicht ganz, denn es gibt Abenteuer, die wir vor unserer Haustür erleben können. Folgende Ideen könnten beispielsweise auch während der Pandemie umgesetzt werden.
Die Psychologie der Abenteuerlust.
Abenteuer und die Verhaltensbiologie. Eine Erklärung für die Frage, warum bestimmte Menschen die tägliche Dosis Adrenalin brauchen, stammt aus der Verhaltensbiologie. Warum ziehen es manche Menschen vor, in einen ruhigen Ferienort zu fahren, während andere bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen?
Aus evolutionärer Perspektive betrachtet besitzen wir Menschen genetische Programme. Ein Programm lässt steuert uns an, unsere Kräfte einzusparen und zu entspannen. Ein anderes Programm treibt uns an, die Welt zu erkunden und Abenteuer zu erleben. Um zu überleben, brauchen wir beide Programme: Wir wären ausgelaugt, wenn wir all unsere Kräfte aufbrauchen, und wir würden stagnieren, wenn nicht über unseren Schatten springen, also keine Abenteuer erleben. Verschiedene Menschen weisen verschiedene Ausprägungen dieser genetischen Programme auf, weshalb der eine es vorzieht in einen ruhigen Urlaubsort zu fahren, während andere bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen. In ähnlicher Weise sagt es auch das Persönlichkeitsmodell von Zuckermann vorher: Wenn wir in einen deprivierten Zustand geraten, dann suchen wir Reize, die uns stimulieren.
Eine weitere wichtige Überlegung stammt ebenfalls aus der Verhaltensbiologie: Neben dem genetischen Programm ist es vor allem auch die Neugierde, welche uns motiviert, uns unseren Adrenalinkicks auszusetzen. Wir streben folglich nach dem Abenteuer, um aus dem Unbekannten Bekanntes zu machen, um aus Unsicherheit Sicherheit zu machen. Die Neugierde (zum Blogartikel: “Neugierde auf Reisen”) ist also die treibende Kraft, um das evolutionäre Sicherheitsbedürfnis zu erhöhen.
Im übertragenden Sinne verhält es sich auch mit unserer Persönlichkeitsentwicklung: Je mehr Abenteuer wir erleben und je öfter wir es auch an unseren persönlichen wagen, desto mehr werden wir über uns selbst erfahren und so unsere Sicherheit erhöhen.
Halten wir zum Abschluss Folgendes fest:
„Wer nicht über seinen Schatten springen kann, der muss eben immer hinter seinem Schatten leben.“ – Wolfgang J. Reus
Quellen:
https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/adrenalin
https://www.fernsehserien.de/adrenalinjunkies
https://www.universum-group.de/blog/universum-hilft/risikoaffin-oder-risikoavers-was-dieser-persoenlichkeitszug-fuer-das-leben-bedeutet/
https://www.wikiwand.com/de/Sensation_Seeking
https://www.outdoor-magazin.com/outdoor-szene/die-10-besten-abenteuer-vor-der-haustuer/
http://wiki.bnv-bamberg.de/flg-wiki/index.php/Biologische_Verhaltensforschung_Grenze_und_Grenz%C3%BCberschreitungen#Sicherheit_und_Risiko_-_ein_.C3.9Cberblick